Dienstag, 2. Juni 2009

Würzburg - Schwarzenau - Singen

Pfingstmontag.

Draußen geben die benachbarten Vögel das perfekte Frühkonzert. Es ist leicht bewölkt und etwas grau. Angenehm kühl.
Alle Koffer und die anderen Reiseobjekte so auf dem Moped zu befestigen, dass sie nicht nur ihre Position behalten, sondern auch meine Beweglichkeit und die Fahreigenschaften des Fahrzeugs nicht zu sehr beeinträchtigen, kostet eine halbe Stunde Verspätung. Schon bei der Fahrt nach Schwarzenau spüre ich, dass das Heck ein bisschen schwänzelt. In Schwarzenau löst sich meine Beschämung über die Verspätung allerdings in Wohlgefallen auf. Dort nimmt ein wahrer Volksauflauf teil an der spektakulären Reisearchitektur, die Walter auf seine Maschine gebacken hat.
Abschied, Abschied. Mir steckt ein dicker Kloß im Hals, ich denke, das geht anderen genau so. Um elf sind wir auf dem Weg nach Rothenburg, wo wir St. Jakob anfahren wollen. Walter fährt allerdings grandios an der Ausfahrt vorbei, weil ich meine Führungsarbeit vernachlässigt habe. Zu sehr war ich damit beschäftigt, zu beobachten, ob die verzurrte Pyramide auf Walters Hinterrad stabil bleibt. Immerhin eine Stunde eingeholt. Auf nach Ellwangen und Hohenberg. Das Schloss ist in sehr gutem Zustand, mit Bauteilen aus allen Jahrhunderten, aber jetzt am Mittag nur schwach besucht, sodass wir uns Platz und Zeit nehmen, die letzten Stunden zu kommentieren. Beim Zurücksetzen rutscht Walters rechter Fuß auf dem feinen Schottergrund aus und die ganze Mensch-Maschine-Singularität kippt nach rechts um. Zwei Männer eilen hinzu, ich steige wieder ab und zu viert kriegen wir die halbe Tonne wieder in die Senkrechte. Der Turm hat sich zwar leicht noch weiter von der Achse entfernt, ist aber fest geblieben. (Beifall beim Publikum!) Da die Maschine keinen Hauptständer hat, kann eine gewisse Symmetrie der Last nur geahnt werden. Beim Überfahren der Kopfstein-Bodenwellen in der Vorburg kann ich mir Walters Gefühle gut vorstellen, er leistet jetzt Schwerarbeit. Wir tanken, und wenig später kommen wir bei St. Jakob auf dem Hohenberg an. Von jetzt an ist die Wahl des richtigen Parkplatzes mitzubedenken. In der Mitte des Parkplatzes steht eine Bronzeplastik, die zwei Santiagopilger zeigt. Ein willkommenes Motiv, über das wir mit einem großen Mann mit alter Mutter ins Gespräch kommen. Walter kommt immer wieder mit Menschen in Kontakt, die fassungslos sehen, wie man auf einem Motorrad den Inhalt eines Caravans zusammenschnürt. Aber ich sage Euch, der Preis ist hoch. Die Fahreigenschaften der Trude (Kosename für eine Suzi Intruder) sind flöten gegangen und der Start wird jedes Mal zum Abenteuer. Außerdem zieht das Ganze unbewusst Kraft aus dem Körper.
Wir besichtigen im Schnellgang die Kirche, bewundern die Lage in der Landschaft, gehen in der Pilgerherberge aufs Klo, gewinnen die Autobahn und durchfahren Ulm, wenn auch etwas unorthodox. Walter ist dafür, Essen und Trinken auf den Abend zu schieben. Wir werden sehen, ob das die richtige Strategie ist.
Die Fahrt durch Oberschwaben zieht sich hin. Eine Umleitung führt uns über Sigmaringen. Am Ortsrand bleibe ich mal stehen, um Walter wieder auffahren zu lassen. Das Fahrtempo liegt jetzt sehr niedrig. Vor mir am Straßenrand sehe ich drei Münzen glänzen. Ich hebe sie auf und sehe im Gras weiteres Geld. Alles 50 Cent-Münzen. Ich gehe Walter entgegen, der sich hundert Meter weiter aufgebaut hat und berichte. Ungläubig aber mit wärmender Begeisterung klauben wir insgesamt 52 Euro aus dem Gras heraus. Wir können uns nur schwer beruhigen.
Die Trude braucht Sprit. Weil wir weit und breit keine Tankstelle finden, bleibt Walter nur der Ersatztank. Bei mir löst sich am Tacho die Welle und schleift am Boden mit. Morgen werde ich in die Werkstatt müssen.
Die Verabredung mit Adelheid geht schief, wir können sie nicht verständigen.. Um neun herum kommen wir in Singen an. Eigentlich sind wir zufrieden. Das Katastrophenmanagement funktioniert grundsätzlich und Walters mitgebrachtes tschechisches Bier schmeckt gigantisch. Telefonate, Telefonate.
Wir montieren das gesamte Gepäck herunter. Morgen muss es neu aufgebaut werden. Wir ratschen noch ein paar Minuten, dann ...

1 Kommentar:

  1. Lieber Herr Preiser, lieber Herr Bräutigam,
    Sie haben ja gleich am ersten Tag schon viel erlebt. Ich hoffe nur, dass die Tachowelle schnell wieder repariert war und Sie vielleicht bei Adelheid doch ein wenig Gepäck gelassen haben - zwecks Sicherheit! - Vielleicht brauchen Sie ja nicht so viel Gepäck - eher Vertrauen auf einen guten Weg mit Gottes Hilfe!
    Liebe Grüße, immer Vorsicht!
    Freue mich auf neue Berichte!
    Jürgen Krückel

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