Freitag, 12. Juni 2009
Le pèlerinage débute
zwölf – sechs
Ab heute gilts! Mein Credencial, der Pilgerausweis, stimmt mit dem geforderten inhaltlichen Profil überein! Unten im Frühstücksraum bin ich der erste, später, wenn ich im Tourismusbüro am Point d’Internet sitze, werde ich der letzte sein, der aufbricht. Etwa die Hälfte kann ich heute schaffen. Morgen, ohne alle diese Vorbereitungen kann ich so früh aufbrechen, dass sogar eine Rückfahrt hierher denkbar ist.
In dieser Zeit bleibe ich stumm, ich lasse den Rechner im Hotel.
Nasbinals – Estaing
Elf – sechs
Gestern abend haben sich die trockenen Abschnitte verdünnisiert und mit dem zunehmenden Regen wurde es immer kühler. Dazu kommt, dass wir auf etwa 1100 Meter Meereshöhe sind, das macht auch ein Paar Grad aus.
Ich hatte mir vorgestellt, solange im Gîte zu bleiben, bis ich fertig wäre mit meinem Schreiben und Waschen. Aber die aus dem Nichts aufgetauchte Putzfrau hat mir klar gemacht, dass ich nach meinem Frühstück, spätestens um zehn den Platz zu verlassen hätte. Das Motorrad und überhaupt, ich hätte es gar nicht hierher stellen dürfen. Mon Dieu, si la Responsable das gesehen hätte … ! Diese von Göttern Beauftragte ist mir nicht zu Gesicht gekommen. Das könnte wieder eine von den gütigen Schickungen sein, die mir oft begegnen und die zur Folge haben, dass ich immer mehr in der „Schuld“ der Fügung bin. Wer nur rührt dieses Gericht "Leben" zusammen. Auch die Zutaten bleiben fast unbekannt. Das bisschen Materielle nur Schein, das viele Immaterielle verborgen. Eigentlich macht das Ganze nur Sinn, wenn es keinen Sinn hat.
Ich beende mein Frühstück so schnell es geht, trockne mein liebes Moped ab und belade es mit gewonnener Routine. Übrigens: Hier gibt’s keine Arbeit, deshalb keine jungen Leute, keine Schule, keine Frischmilch. Aber es gibt zehn Sessellifts, viel zu viele Gästebetten, aber ein teures Landschaftsprogramm, das einige Leute entzückt, z. B. die Pilger, aber nichts einbringt. Und Nasbinals hat ein sehr schöne romanische Kirche, sehr gepflegt, aber fast ohne religiöses Leben.
Der Aubrac-Pass liegt bei über 1300 Meter, es ist unangenehm kalt, immer wieder fegt Niesel-Nebel mit Sicht-Löchern über die Kuppen. Fast ganz oben liegen die Reste eines Pilgerhospizes. Zwischen der gotischen Hallenkirche und der Tour des Anglais haben die örtlichen Tourismusexperten die Einrichtung eines Kräutergartens bewirkt. Da war mal einer gewesen, vor Zeiten, aber nicht entfernt so groß und reichhaltig. Das bauliche Ensemble ist klein aber spektakulär. In der Kirche macht sich eine Gruppe älterer Priester zu einem Freundschaftsgottesdienst bereit.
Kurz danach mache ich Bekanntschaft mit einem Aubrac-Rind, welches in Gemeinschaft mit anderen die Strasse heraufkommt, die ich hinunter will. Ich bleibe einfach stehen. Ein besonders hübsches Rind findet das interessant und guckt sich den komischen, weil motorisierten Ochsen an. Sein Fell ist etwa honigfarben, ohne Flecken, von der Hälfte an scheinen die spitzen Hörner schwarz poliert und dann ein Blick, ich sage Euch, ein Blick wie aus dem Himmel. Das Vieh hat einen umwerfenden Augenaufschlag. Das Auge ist schwarz umrändert und extrem klar.
Und dann beendet der Treiber den Beginn einer Beziehung ...wenn ich nicht so eine Angst vorm Geschlachtet-werden hätte!
In St.-Côme-d’Olt finde ich eine St. Cosmas und Damian Kirche in einem kompakten mittelalterlich wirkenden Ensemble, das zur Aufnahme in die Liste der schönsten Dörfer Frankreichs geführt hat. Auch Estaing gehört dazu. Dort komme ich um zwei Uhr an, organisiere meinen Verbleib im Hotel und fange an zu arbeiten: Besichtigung von Kirche und Burg, welche wieder der Familie gehört. Kleine Einkäufe, Stadtumrundung, Office de tourisme etc. Abendessen im Hotel.
In manchen kleinen Staedtchen gehoert es dazu, die Strassennamen in occitan und franzoesisch anzugeben. Das ist deshalb gewagt, weil nur wenige diese alte und sehr klangvolle Sprache sprechen. Allerdings gibt es Unterricht in den Schulen.
Draußen klärt sich der Himmel.
Gestern abend haben sich die trockenen Abschnitte verdünnisiert und mit dem zunehmenden Regen wurde es immer kühler. Dazu kommt, dass wir auf etwa 1100 Meter Meereshöhe sind, das macht auch ein Paar Grad aus.
Ich hatte mir vorgestellt, solange im Gîte zu bleiben, bis ich fertig wäre mit meinem Schreiben und Waschen. Aber die aus dem Nichts aufgetauchte Putzfrau hat mir klar gemacht, dass ich nach meinem Frühstück, spätestens um zehn den Platz zu verlassen hätte. Das Motorrad und überhaupt, ich hätte es gar nicht hierher stellen dürfen. Mon Dieu, si la Responsable das gesehen hätte … ! Diese von Göttern Beauftragte ist mir nicht zu Gesicht gekommen. Das könnte wieder eine von den gütigen Schickungen sein, die mir oft begegnen und die zur Folge haben, dass ich immer mehr in der „Schuld“ der Fügung bin. Wer nur rührt dieses Gericht "Leben" zusammen. Auch die Zutaten bleiben fast unbekannt. Das bisschen Materielle nur Schein, das viele Immaterielle verborgen. Eigentlich macht das Ganze nur Sinn, wenn es keinen Sinn hat.
Ich beende mein Frühstück so schnell es geht, trockne mein liebes Moped ab und belade es mit gewonnener Routine. Übrigens: Hier gibt’s keine Arbeit, deshalb keine jungen Leute, keine Schule, keine Frischmilch. Aber es gibt zehn Sessellifts, viel zu viele Gästebetten, aber ein teures Landschaftsprogramm, das einige Leute entzückt, z. B. die Pilger, aber nichts einbringt. Und Nasbinals hat ein sehr schöne romanische Kirche, sehr gepflegt, aber fast ohne religiöses Leben.
Der Aubrac-Pass liegt bei über 1300 Meter, es ist unangenehm kalt, immer wieder fegt Niesel-Nebel mit Sicht-Löchern über die Kuppen. Fast ganz oben liegen die Reste eines Pilgerhospizes. Zwischen der gotischen Hallenkirche und der Tour des Anglais haben die örtlichen Tourismusexperten die Einrichtung eines Kräutergartens bewirkt. Da war mal einer gewesen, vor Zeiten, aber nicht entfernt so groß und reichhaltig. Das bauliche Ensemble ist klein aber spektakulär. In der Kirche macht sich eine Gruppe älterer Priester zu einem Freundschaftsgottesdienst bereit.
Kurz danach mache ich Bekanntschaft mit einem Aubrac-Rind, welches in Gemeinschaft mit anderen die Strasse heraufkommt, die ich hinunter will. Ich bleibe einfach stehen. Ein besonders hübsches Rind findet das interessant und guckt sich den komischen, weil motorisierten Ochsen an. Sein Fell ist etwa honigfarben, ohne Flecken, von der Hälfte an scheinen die spitzen Hörner schwarz poliert und dann ein Blick, ich sage Euch, ein Blick wie aus dem Himmel. Das Vieh hat einen umwerfenden Augenaufschlag. Das Auge ist schwarz umrändert und extrem klar.
Und dann beendet der Treiber den Beginn einer Beziehung ...wenn ich nicht so eine Angst vorm Geschlachtet-werden hätte!
In St.-Côme-d’Olt finde ich eine St. Cosmas und Damian Kirche in einem kompakten mittelalterlich wirkenden Ensemble, das zur Aufnahme in die Liste der schönsten Dörfer Frankreichs geführt hat. Auch Estaing gehört dazu. Dort komme ich um zwei Uhr an, organisiere meinen Verbleib im Hotel und fange an zu arbeiten: Besichtigung von Kirche und Burg, welche wieder der Familie gehört. Kleine Einkäufe, Stadtumrundung, Office de tourisme etc. Abendessen im Hotel.
In manchen kleinen Staedtchen gehoert es dazu, die Strassennamen in occitan und franzoesisch anzugeben. Das ist deshalb gewagt, weil nur wenige diese alte und sehr klangvolle Sprache sprechen. Allerdings gibt es Unterricht in den Schulen.
Draußen klärt sich der Himmel.
Le Puy – Nasbinals
zehn – sechs
Ich habe mir Zeit gelassen und bin erst um acht aus dem Zelt gekrabbelt. Das ist mitunter gar nicht leicht, weil ich in den letzten Tagen immer mal wieder von Beinkrämpfen geplagt bin. Wenn ich die ersten Anzeichen rechtzeitig wahrnehme, dann kann ich noch schnell was tun. Am besten ist aufstehen und herumgehen, oder kennt jemand etwas besseres. Zur Vorbeugung hat bislang eine halbe Banane genügt. Vielleicht schwitze ich zuviel und muss auf die ganze Banane hochbeamen. Dumm ists nur, wenn der Krampf gerade beim herauswuchten kommt.
Ein Camper kommt vorbei und fotografiert meine Zeltkonstruktion. Wir kommen ins Gespräch und gehen zusammen zum nahen Bäcker Frühstücken. Er stammt aus Metz und lebt in Luxemburg. Er fotografiert nur Zelte mit Menschen, mittlerweile bestimmt zwei tausend. Aber so eine Konstruktion hat er noch nicht gesehen. Man sieht doch auf der ersten Blick die völlige Ahnungslosigkeit des Architekten, der Pol muss mit Abstandhaltern die Belüftung sichern, am Eingang ist zuviel Spannung, da gehen die Reissverschlüsse kaputt. Die Deutschen können das einfach nicht, mit dem Kopf arbeiten. Die gucken wie die Kühe, wenn Ihnen ein Franzose was vormacht! Gut die Franzosen machen schlampig alles, viel zu schnell.
Am Ende sind die Deutschen fertig, wenn der Franzose immer noch sucht, warum seine geniale Konstruktion nicht funktioniert. Hat Spaß gemacht ...
Seit gestern macht auf dem Campingplatz eine junge Frau aus Dresden Platzdienst. Träger dieser Praktikantenstelle ist die Gemeinde Le Puy, Kost und Logis, kein Geld. Im Anschluss an den Satz: Ich bin ja schon daran gewöhnt, dass ich zur Arbeit noch Geld mitbringen muss, fällt uns auf, wie man den Pilger-Tourismus hier wahrnimmt. Wie das früher war, hat die Forschung ermittelt. Heute arbeiten auf der Dienstleisterseite fast nur Leute aus dem Niedrig-lohnsektor bzw. im Zweitjob. Die sonst nicht über die Runden kommen. Die da vorbeikommen mit ihren tollen Motorhomes oder Gespannen, sind fast nur Ältere, jedenfalls über 60 Jahre alt, die Männer eher in meinem Alter. Diese Leute haben Zeit und Geld. Selbst wenn sie knausern, sperren die jungen Leute in den Cafés oder beim Shoppen die Augen auf. Eine Camperin lässt, gewandet in einen rot-braunen Sari und goldbehängt, das Brauchwasser ab. Derweil der Begleiter Befehle aus dem Fenster knarrt. Die heutigen Pilger und Camping-touristen können sich das alles leisten. Noch in meiner Jugend war das alles eher der Urlaub der kleinen Leute! Auch die Wurst war mal Nahrung für Leute, die sich gewachsenes Fleisch nicht leisten konnten.
Am Schlauchplatz, wo die Wohnwagen Brauchwasser ablassen und frisches Wasser aufnehmen, erscheint Knut aus dem Saarland, ein früherer Hauptschulrektor. Sein Gefährt ist ein VW-Kastenwagen Diesel mit etwas Eigenbau, er schläft auch drin. Seit seiner Pensio-nierung genießt er die Reisefreizeiten. Reisen ist ihm Begegnung, er nimmt was er bekommt.
Das war immer so: Wer Begegnung will, bekommt sie. Und manchmal sogar Freundschaft über Grenzen hinweg. Grenzen, die jetzt formal gefallen sind. Nach und nach fallen viele künstlichen Grenzen, die erst mit den Nationalstaaten entstanden sind. Jetzt entstehen auf vielen Ebenen neue und hilreiche Netzwerke.
Um eins komme ich vom Platz. Ich halte in Saugues, dann verpasse ich St. Alban und mache einen Umweg in die Margerides, eine Art Ginsterheide, wo ich zwei Schweizer aus Thun treffe. Dann hinunter nach Marjevols, bis ich schließlich gegen sieben am Haus Richard in Nasbinals eintreffe. Es ist noch Platz genug in dieser sehr gepflegten kommunalen Erwachsenen-herberge. Ein Ehepaar, er aus der Umgebung von Lourdes, sie aus dem Norden, bewohnt die untere Etagen zweier Stockbetten, ich die dritte. Wir kommen auf die Familienfrage. Wie kommentieren die Kinder und Verwandte das Pilgern!?
Das Gleiche unten im Restaurant: Ein deutsches Paar. Er ein gut aussehender 70er, sie etwas jünger. Sie routinierte Pilgerin seit Jahren, er zum ersten mal dabei. Für die Familie, auch für die Kinder spinnt sie, hat den frommen Tick. Sie ist aber gar nicht fomm, hat kein besonderes Bedürfnis, sonntags zur Kirche zu gehen, aber sie denkt gerne nach, und das geht bei Fußarbeit am besten. Der einmal gewonnene Rhythmus des Gehens schafft Sauerstoff in die Gehirnwindungen. Aber vermutlich ist es nicht ganz so einfach.
Ich habe mir Zeit gelassen und bin erst um acht aus dem Zelt gekrabbelt. Das ist mitunter gar nicht leicht, weil ich in den letzten Tagen immer mal wieder von Beinkrämpfen geplagt bin. Wenn ich die ersten Anzeichen rechtzeitig wahrnehme, dann kann ich noch schnell was tun. Am besten ist aufstehen und herumgehen, oder kennt jemand etwas besseres. Zur Vorbeugung hat bislang eine halbe Banane genügt. Vielleicht schwitze ich zuviel und muss auf die ganze Banane hochbeamen. Dumm ists nur, wenn der Krampf gerade beim herauswuchten kommt.
Ein Camper kommt vorbei und fotografiert meine Zeltkonstruktion. Wir kommen ins Gespräch und gehen zusammen zum nahen Bäcker Frühstücken. Er stammt aus Metz und lebt in Luxemburg. Er fotografiert nur Zelte mit Menschen, mittlerweile bestimmt zwei tausend. Aber so eine Konstruktion hat er noch nicht gesehen. Man sieht doch auf der ersten Blick die völlige Ahnungslosigkeit des Architekten, der Pol muss mit Abstandhaltern die Belüftung sichern, am Eingang ist zuviel Spannung, da gehen die Reissverschlüsse kaputt. Die Deutschen können das einfach nicht, mit dem Kopf arbeiten. Die gucken wie die Kühe, wenn Ihnen ein Franzose was vormacht! Gut die Franzosen machen schlampig alles, viel zu schnell.
Am Ende sind die Deutschen fertig, wenn der Franzose immer noch sucht, warum seine geniale Konstruktion nicht funktioniert. Hat Spaß gemacht ...
Seit gestern macht auf dem Campingplatz eine junge Frau aus Dresden Platzdienst. Träger dieser Praktikantenstelle ist die Gemeinde Le Puy, Kost und Logis, kein Geld. Im Anschluss an den Satz: Ich bin ja schon daran gewöhnt, dass ich zur Arbeit noch Geld mitbringen muss, fällt uns auf, wie man den Pilger-Tourismus hier wahrnimmt. Wie das früher war, hat die Forschung ermittelt. Heute arbeiten auf der Dienstleisterseite fast nur Leute aus dem Niedrig-lohnsektor bzw. im Zweitjob. Die sonst nicht über die Runden kommen. Die da vorbeikommen mit ihren tollen Motorhomes oder Gespannen, sind fast nur Ältere, jedenfalls über 60 Jahre alt, die Männer eher in meinem Alter. Diese Leute haben Zeit und Geld. Selbst wenn sie knausern, sperren die jungen Leute in den Cafés oder beim Shoppen die Augen auf. Eine Camperin lässt, gewandet in einen rot-braunen Sari und goldbehängt, das Brauchwasser ab. Derweil der Begleiter Befehle aus dem Fenster knarrt. Die heutigen Pilger und Camping-touristen können sich das alles leisten. Noch in meiner Jugend war das alles eher der Urlaub der kleinen Leute! Auch die Wurst war mal Nahrung für Leute, die sich gewachsenes Fleisch nicht leisten konnten.
Am Schlauchplatz, wo die Wohnwagen Brauchwasser ablassen und frisches Wasser aufnehmen, erscheint Knut aus dem Saarland, ein früherer Hauptschulrektor. Sein Gefährt ist ein VW-Kastenwagen Diesel mit etwas Eigenbau, er schläft auch drin. Seit seiner Pensio-nierung genießt er die Reisefreizeiten. Reisen ist ihm Begegnung, er nimmt was er bekommt.
Das war immer so: Wer Begegnung will, bekommt sie. Und manchmal sogar Freundschaft über Grenzen hinweg. Grenzen, die jetzt formal gefallen sind. Nach und nach fallen viele künstlichen Grenzen, die erst mit den Nationalstaaten entstanden sind. Jetzt entstehen auf vielen Ebenen neue und hilreiche Netzwerke.
Um eins komme ich vom Platz. Ich halte in Saugues, dann verpasse ich St. Alban und mache einen Umweg in die Margerides, eine Art Ginsterheide, wo ich zwei Schweizer aus Thun treffe. Dann hinunter nach Marjevols, bis ich schließlich gegen sieben am Haus Richard in Nasbinals eintreffe. Es ist noch Platz genug in dieser sehr gepflegten kommunalen Erwachsenen-herberge. Ein Ehepaar, er aus der Umgebung von Lourdes, sie aus dem Norden, bewohnt die untere Etagen zweier Stockbetten, ich die dritte. Wir kommen auf die Familienfrage. Wie kommentieren die Kinder und Verwandte das Pilgern!?
Das Gleiche unten im Restaurant: Ein deutsches Paar. Er ein gut aussehender 70er, sie etwas jünger. Sie routinierte Pilgerin seit Jahren, er zum ersten mal dabei. Für die Familie, auch für die Kinder spinnt sie, hat den frommen Tick. Sie ist aber gar nicht fomm, hat kein besonderes Bedürfnis, sonntags zur Kirche zu gehen, aber sie denkt gerne nach, und das geht bei Fußarbeit am besten. Der einmal gewonnene Rhythmus des Gehens schafft Sauerstoff in die Gehirnwindungen. Aber vermutlich ist es nicht ganz so einfach.
Le Puy
neun – sechs
Was für eine Nacht! Dabei hätte alles noch viel schlimmer kommen können. So konnte ich doch immer wieder ein bisschen einschlafen. Über das Fussende hatte ich die Motorradjacke ausgebreitet, dann nach Art der Dachdecker die Regenpelerine. Trotzdem war in den letzten Ecken alles feucht. Einer der Höhepunkte dieser Nacht war die Entdeckung der LED-Leuchte an meinem Taschenmesser. Dieses winzige Ding reichte aus, um zu verhindern das Socken, Papiertaschentücher und Unterwäsche einnässten, nicht aber, dass mein Geldbeutel noch jetzt feucht ist und sich mehr und mehr auflöst. Das Geld hat eine lapprige Konsistenz angenom-men, die von den Empfängern unterschiedlich bearbeitet wird. Eine Proxi-Kassiererin ver-schwindet für einige Minuten und kommt mit gewechselten Scheinen zurück, der alte Barmann bei St. Michel de l’Aiguilhe nimmt den Zehner gar nicht an, sondern fordert unmiss-verständlich harte Münzen. Also Ihr Lieben! Wenn ihr wieder mal ein schweres Gewitter in einem kleinen einwandigen Zelt überleben müsst und nix seht, dann freut euch über den Tip: Rettungstaschenlampe raus und sichern:
Um vier habe ich’s nicht mehr ausgehalten. In den anbrechenden Frühstimmung hingen ein Paar Reststerne und so wackle ich nach den nötigsten Sicherungsarbeiten Richtung Aiguilhe, den sensationellen 88 m hohen Vulkanschlot mit obendrauf fixierter Michaelskirche. Wunderschön mit dunkelblauem Hintergrund beleuchtet, könnte man meinen, die Kirche schwebte alleine dahin. Weiter drin schaffen die Bäcker (maîtres artisans) die Tagesration Baguettes an und um halbsechs öffnet bei Lafayette das erste Café. Ich nehme zwei große Milchkaffee und unterhalte mich immer wieder mit dem Barmann. Er ordnet die Stühle unter den Bäumen draußen und wischt vor dem Café Tische und Sessel ab. Er hat den Job von seinem schon viel zu alten Vater übernommen, weil er arbeitslos wurde. „Harter Job, wenig Einkommen. Wie ist das bei euch, fragt er, mit der Krise. Die Leute sitzen hier stundenlang vor einem leeren Tässchen Espresso. Da kann man nicht so leicht reingucken. Wären die Pilger nicht, würde er noch schnarchen. Die aber brechen schon ganz früh auf, bei ihm vorbei und trinken fleißig Kaffee und Tee, ich habe schon „Salon de thé“ auf die Fenster malen lassen. Bis um neun hab ich die Hälfte vom Tagesgeschäft gemacht.“ Warum die das machen, weiß er nicht. Meist ältere Leute, die haben noch Geld. Hat was mit Aberglauben zu tun. Als ich weggehe, sagt er, dass sein pied noir (Schwarzfuß/Nordafrikaner) prima kocht ...
Zu-Zelte angekommen verkrieche ich mich und kann bis neun gut schlafen. Nebenan baut mein Nachbar sein Zelt ab, ein großer Mann, der mir seinen Stein schenkt, der ihm beim Eintreiben der Heringe behilflich ist. Er hat sich einen „Schussapparat“ gekauft! Dann erklärt er mir sein Zelt, ein Wunderding, das aber jetzt den Geist aufgibt, was bedeutet, dass das Material brüchig wird. Er faltet es zusammen und trägt es zur Verwertungstonne, wo ich es mir später wieder heraushole, mittlerweile von Speiseresten und unappetitlichem Kram fast bedeckt. Unter Aufbietung meiner letzten Camping-Eingebungen breite ich die Plane über meinen Winzling aus, befestige mit den restlichen Heringen und habe plötzlich eine ansehn-liche dreihäutige (nur am Eingang) Wohnung.
Was ich noch mitteilen will: Dieser Franzose (56 Jahre alt, seit 11 Jahren nur Minimalrente) hat keine Wohnung, sondern wandert jahraus jahrein durch Frankreich. Längst könnte er vom Ersparten (!) etwas kaufen, aber das Wandern ist ihm zur zweiten Natur geworden. Vielleicht auch eine Sucht.
Etwas später packt ein anderer Nachbar zusammen. Es ist ein Schwabe aus der Umgebung von Ulm. Er fährt einen Peugeot 207er Kombi, den er so hergerichtet hat, dass er darin kochen kann. Er hat sich vorgenommen, Südfrankreich zu erkunden. Dazu hat sich Den Landstreifen in Quadrate eingeteilt. Jetzt ist sieben hoch und neun von links dran. Die Sprache will er nicht lernen, mit den Menschen keinen Kontakt, aber wenn er wieder nach Hause kommt, dann schraffiert er das befahrene Quadrat, rot, abgefahren. Abgehakt. Nächstes Jahr ist sieben hoch/zehn von links dran.
Es gibt ein kleines Freiluft-Lokal bei der Rezeption. Der Koch cuisiniert in einem Wohnmobil. Zum Mittag bestelle ich ein Entrecôte mit Pfeffersauce (vom französischen Aubrac-Rind). Zwar hätte ich mir das auch zugetraut, aber eben nur „hätte“. Es war essbar, aber verbesserungsfähig. Abends habe ich dann doch lieber einen grünen Salat mit regionalem Käse, unter anderem Bleu d’Auvergne gewählt. Das war dann schon ein Lob wert und prompt kam die Einladung zu einem Glas Rotwein.
Am Nachmittag habe ich dann die nassen Sachen versorgt und habe mir ausführlich die Stadt bei Tage betrachtet. In der Kathedrale hat ein Bischof mit einer Privatgesellschaft Eucharistie gefeiert.
Was für eine Nacht! Dabei hätte alles noch viel schlimmer kommen können. So konnte ich doch immer wieder ein bisschen einschlafen. Über das Fussende hatte ich die Motorradjacke ausgebreitet, dann nach Art der Dachdecker die Regenpelerine. Trotzdem war in den letzten Ecken alles feucht. Einer der Höhepunkte dieser Nacht war die Entdeckung der LED-Leuchte an meinem Taschenmesser. Dieses winzige Ding reichte aus, um zu verhindern das Socken, Papiertaschentücher und Unterwäsche einnässten, nicht aber, dass mein Geldbeutel noch jetzt feucht ist und sich mehr und mehr auflöst. Das Geld hat eine lapprige Konsistenz angenom-men, die von den Empfängern unterschiedlich bearbeitet wird. Eine Proxi-Kassiererin ver-schwindet für einige Minuten und kommt mit gewechselten Scheinen zurück, der alte Barmann bei St. Michel de l’Aiguilhe nimmt den Zehner gar nicht an, sondern fordert unmiss-verständlich harte Münzen. Also Ihr Lieben! Wenn ihr wieder mal ein schweres Gewitter in einem kleinen einwandigen Zelt überleben müsst und nix seht, dann freut euch über den Tip: Rettungstaschenlampe raus und sichern:
Um vier habe ich’s nicht mehr ausgehalten. In den anbrechenden Frühstimmung hingen ein Paar Reststerne und so wackle ich nach den nötigsten Sicherungsarbeiten Richtung Aiguilhe, den sensationellen 88 m hohen Vulkanschlot mit obendrauf fixierter Michaelskirche. Wunderschön mit dunkelblauem Hintergrund beleuchtet, könnte man meinen, die Kirche schwebte alleine dahin. Weiter drin schaffen die Bäcker (maîtres artisans) die Tagesration Baguettes an und um halbsechs öffnet bei Lafayette das erste Café. Ich nehme zwei große Milchkaffee und unterhalte mich immer wieder mit dem Barmann. Er ordnet die Stühle unter den Bäumen draußen und wischt vor dem Café Tische und Sessel ab. Er hat den Job von seinem schon viel zu alten Vater übernommen, weil er arbeitslos wurde. „Harter Job, wenig Einkommen. Wie ist das bei euch, fragt er, mit der Krise. Die Leute sitzen hier stundenlang vor einem leeren Tässchen Espresso. Da kann man nicht so leicht reingucken. Wären die Pilger nicht, würde er noch schnarchen. Die aber brechen schon ganz früh auf, bei ihm vorbei und trinken fleißig Kaffee und Tee, ich habe schon „Salon de thé“ auf die Fenster malen lassen. Bis um neun hab ich die Hälfte vom Tagesgeschäft gemacht.“ Warum die das machen, weiß er nicht. Meist ältere Leute, die haben noch Geld. Hat was mit Aberglauben zu tun. Als ich weggehe, sagt er, dass sein pied noir (Schwarzfuß/Nordafrikaner) prima kocht ...
Zu-Zelte angekommen verkrieche ich mich und kann bis neun gut schlafen. Nebenan baut mein Nachbar sein Zelt ab, ein großer Mann, der mir seinen Stein schenkt, der ihm beim Eintreiben der Heringe behilflich ist. Er hat sich einen „Schussapparat“ gekauft! Dann erklärt er mir sein Zelt, ein Wunderding, das aber jetzt den Geist aufgibt, was bedeutet, dass das Material brüchig wird. Er faltet es zusammen und trägt es zur Verwertungstonne, wo ich es mir später wieder heraushole, mittlerweile von Speiseresten und unappetitlichem Kram fast bedeckt. Unter Aufbietung meiner letzten Camping-Eingebungen breite ich die Plane über meinen Winzling aus, befestige mit den restlichen Heringen und habe plötzlich eine ansehn-liche dreihäutige (nur am Eingang) Wohnung.
Was ich noch mitteilen will: Dieser Franzose (56 Jahre alt, seit 11 Jahren nur Minimalrente) hat keine Wohnung, sondern wandert jahraus jahrein durch Frankreich. Längst könnte er vom Ersparten (!) etwas kaufen, aber das Wandern ist ihm zur zweiten Natur geworden. Vielleicht auch eine Sucht.
Etwas später packt ein anderer Nachbar zusammen. Es ist ein Schwabe aus der Umgebung von Ulm. Er fährt einen Peugeot 207er Kombi, den er so hergerichtet hat, dass er darin kochen kann. Er hat sich vorgenommen, Südfrankreich zu erkunden. Dazu hat sich Den Landstreifen in Quadrate eingeteilt. Jetzt ist sieben hoch und neun von links dran. Die Sprache will er nicht lernen, mit den Menschen keinen Kontakt, aber wenn er wieder nach Hause kommt, dann schraffiert er das befahrene Quadrat, rot, abgefahren. Abgehakt. Nächstes Jahr ist sieben hoch/zehn von links dran.
Es gibt ein kleines Freiluft-Lokal bei der Rezeption. Der Koch cuisiniert in einem Wohnmobil. Zum Mittag bestelle ich ein Entrecôte mit Pfeffersauce (vom französischen Aubrac-Rind). Zwar hätte ich mir das auch zugetraut, aber eben nur „hätte“. Es war essbar, aber verbesserungsfähig. Abends habe ich dann doch lieber einen grünen Salat mit regionalem Käse, unter anderem Bleu d’Auvergne gewählt. Das war dann schon ein Lob wert und prompt kam die Einladung zu einem Glas Rotwein.
Am Nachmittag habe ich dann die nassen Sachen versorgt und habe mir ausführlich die Stadt bei Tage betrachtet. In der Kathedrale hat ein Bischof mit einer Privatgesellschaft Eucharistie gefeiert.
Taizé – Lyon – Le Puy
acht – sechs
Die Übernachtung in Cormatin beinhaltet das bislang beste Frühstück. Für französische Verhältnisse hervorragend fehlten für den großen Standard nur noch ein weiches Ei und eine ordentliche Wurstplatte. Und statt des angekündigten Orangensaft kam Pfirsichsaft. Auch recht! Den Gîte kann man sich merken, wenn man zu viert nach Taizé oder nach Burgund wollte. In Cormatin gibt es ein kunstgeschichtlich bemerkenswertes Schloss, das mit dem Schriftsteller Alphonse de Lamartine in Verbindung steht. Ein ander Mal ...
Ich fahre an Cluny vorbei auf die Autobahn. Es ist wieder böig und trotz gelegentlicher Sonne unangenehm zu fahren, zumal bei höherer Geschwindigkeit. Zwischen Lyon und St. Etienne kommt heftiger Regen dazu, dem ich aber mit etwas Glück unter Brücken und auf Tankstellen ohne die Übung „Ganz-Körper-Kondom“ ausweichen kann. Dann endet die Autobahn und Le Puy – Velay kommt in Reichweite. Ich bin schon auf Zeltplatz gepolt und male mir verschiedene Szenarien aus. Nicht aber, dass Walter die Heringe mitgenommen hat. Die besorge ich mir noch beim örtlichen Géant. Zum ersten Mal passiere ich eine vollautomatische Kasse. Eine weibliche Stimme begrüßt mich schon bei der Annäherung und gibt dann sachdienliche Anweisungen. Dennoch ist für Leute, die damit Schwierigkeiten haben könnten noch eine lebendige Frau am Wirken, deren Tonnage das Innenleben des Automaten zur Verzweiflung gebracht hätte. Auf dem Zeltplatz in L’Aiguilhe kann ich mir dann bei Nachbarn abgucken, wie die Zelte verspannt sind und wie man Heringe in den harten Boden reinschlägt. Von Süden nähert sich ein Gewitter, der Tag wird vorzeitig schwarz. Es rumpelt weithin. Alles eilt in die Behausungen.
Tropfen fallen, dann regnet es. Unter meinem Baum fühle ich mich sicher. Dann kommt heftiger Wind dazu, schließlich zeigt das Zelt, dass es für härtere Wassergüsse nicht geeignet ist. Es entsteht so eine Art stehender Zweitregen um mich herum, mit Nebel oder vielleicht den Spiegelungen aller meiner Befürchtungen.
Anfänglich kann ich noch raten, wie ich meine Sachen in Sicherheit bringe, dennoch bilden sich erste Seen und an den Rändern sowie an einzelnen Körperteilen setzt sich die Nässe qualifiziert durch. Meine Lustgefühle verwandeln sich in Missstimmung.
Der Schlaf ist ausgesetzt. Schließlich bitte ich die Wetterlenker nachdrücklich um Mäßigung, was auch tatsächlich hilft. Aber nass ist nass und „gschäe isch gschä!“
Die Übernachtung in Cormatin beinhaltet das bislang beste Frühstück. Für französische Verhältnisse hervorragend fehlten für den großen Standard nur noch ein weiches Ei und eine ordentliche Wurstplatte. Und statt des angekündigten Orangensaft kam Pfirsichsaft. Auch recht! Den Gîte kann man sich merken, wenn man zu viert nach Taizé oder nach Burgund wollte. In Cormatin gibt es ein kunstgeschichtlich bemerkenswertes Schloss, das mit dem Schriftsteller Alphonse de Lamartine in Verbindung steht. Ein ander Mal ...
Ich fahre an Cluny vorbei auf die Autobahn. Es ist wieder böig und trotz gelegentlicher Sonne unangenehm zu fahren, zumal bei höherer Geschwindigkeit. Zwischen Lyon und St. Etienne kommt heftiger Regen dazu, dem ich aber mit etwas Glück unter Brücken und auf Tankstellen ohne die Übung „Ganz-Körper-Kondom“ ausweichen kann. Dann endet die Autobahn und Le Puy – Velay kommt in Reichweite. Ich bin schon auf Zeltplatz gepolt und male mir verschiedene Szenarien aus. Nicht aber, dass Walter die Heringe mitgenommen hat. Die besorge ich mir noch beim örtlichen Géant. Zum ersten Mal passiere ich eine vollautomatische Kasse. Eine weibliche Stimme begrüßt mich schon bei der Annäherung und gibt dann sachdienliche Anweisungen. Dennoch ist für Leute, die damit Schwierigkeiten haben könnten noch eine lebendige Frau am Wirken, deren Tonnage das Innenleben des Automaten zur Verzweiflung gebracht hätte. Auf dem Zeltplatz in L’Aiguilhe kann ich mir dann bei Nachbarn abgucken, wie die Zelte verspannt sind und wie man Heringe in den harten Boden reinschlägt. Von Süden nähert sich ein Gewitter, der Tag wird vorzeitig schwarz. Es rumpelt weithin. Alles eilt in die Behausungen.
Tropfen fallen, dann regnet es. Unter meinem Baum fühle ich mich sicher. Dann kommt heftiger Wind dazu, schließlich zeigt das Zelt, dass es für härtere Wassergüsse nicht geeignet ist. Es entsteht so eine Art stehender Zweitregen um mich herum, mit Nebel oder vielleicht den Spiegelungen aller meiner Befürchtungen.
Anfänglich kann ich noch raten, wie ich meine Sachen in Sicherheit bringe, dennoch bilden sich erste Seen und an den Rändern sowie an einzelnen Körperteilen setzt sich die Nässe qualifiziert durch. Meine Lustgefühle verwandeln sich in Missstimmung.
Der Schlaf ist ausgesetzt. Schließlich bitte ich die Wetterlenker nachdrücklich um Mäßigung, was auch tatsächlich hilft. Aber nass ist nass und „gschäe isch gschä!“
Dienstag, 9. Juni 2009
Frangy - Cluny - Taizé
sieben - sechs
In der Nacht zum Sonntag hat es wohl nur geschüttet. Auch am Morgen war es grau verhangen und immer wieder ziemlich schiffbar. Ein Bus voller Schweizer Santiago-Pilger nutzte die regenfreien Pausen zur Abfahrt. Im Anschluss konnte ich befreit frühstücken und von Zeit zu Zeit auch etwas runtertragen. Während ich m Schreiben war, hat einer der Gäste vom Vorabend eine Flasche Côte du Rhône für mich gebracht. Ich habe das zunaechst gar nicht begriffen und den Wirt erst bei der Abfahrt gefragt. Da hat er mir laengst seine Voegel gezeigt und je suis Alphonse, moi je suis Dieter.
Das mit dem Schreiben geht mir gar nicht flott von der Hand. So warte ich, bis die schleusen sich wieder oeffnen.
An der Tankstelle von Intermarché Bellegarde treffe ich eine junge Frau mit Kind, deren Mann eben heute eine befreundete Gruppe eine Etappe auf dem Camino begleitet. Eigentlich waere er gerne mitgegangen, aber das hat sie kategorisch abgelehnt. Sie ist reformierte Schweizerin und haelt das alles fuer Aberglauben. Aber wenn er meint! Nur allein darf er sie nicht lassen. Sie haelt auch mich fuer einen armen Irren und bedauert meine arme Frau zuhause.
Von der Nationalstrasse aus sehen die Autobahnfuehrungen abenteuerlich aus. Wegen des leichten Regens, der einsetzt, mache ich keine Aufnahmen. Um dqnn doch schnell voran zu kommen, nehme ich die Autobahn und setze mich dem boeigen Wind aus, der wieder einmal von allen Richtungen kommt.
Dann bin ich in Cluny und begeistere mich an der Fiktion, irgend ein unendlich reicher Maezen kauft die Innenstadt auf und zieht aus den Ruinen die Klosterkirche wieder hoch. Bei der Umrundung der Reste, schaue ich einem Boule-Wettbewerb zu. Am meisten gestaunt habe ich, dass einzelne Spieler mit groesster Sicherheit und in hohem Bogen eine gegnerische Kugel auf mehr als zehn Meter abknallen.
Noerdlich der Ruinen beim Runden Turm wird gewaltig gebaut und hochgezogen. Das wird fuer die geplanten Pferdewettbewerbe eine tolle Kulisse.
Da mir das Eincheck-Verfahren in Taizé ziemlich auf den Geist geht, nehme ich ein Zimmer im benachbarten Cormatin, organisiere noch eine Flasche Wasser und beende den Tag.
Payerne - Genf - Frangy
Sechs – sechs
Der schlechten Optik, den Gerüchen und meinen Ängsten um die Verdoppelung meines Mopeds zum Trotz war es eine erholsame Nacht. Das Frühstück habe ich bei der Bäckerei gegenüber bekommen und schlussendlich gab es einen Internetladen um die Ecke. Entlastet von diesen Notwendigkeiten, alles packfertig im Zimmer, habe ich mir dann die Klosterkirche ausführlich angeschaut. Das Mädel von gestern Abend empfängt mich mit strahlenden Augen,
was sie aber nicht hindert, mir beim Eintritt in die „Expo“ (Bilder einer Malerin ohne Arme) streng nach Vorschrift den Fotoapparat abzunehmen.
Aufbruch um die Mittagszeit. Das Wetter ist wechselhaft, kräftige Böen aus allen Richtungen. Um voranzukommen nehme ich zunächst die Autobahn nach Lausanne. Jenseits von 90 KMH ist mir mulmig, nur in den Tunneln kann ich entspannen.
Eine kleine Pause in dem lieblichen Burgstädtchen Orbe. Eine Gruppe grün-bebluster Schulkinder besteigt den Brunnen, weil sie das dort vorhandene Trinkwasser kosten müssen. In die anschließende Ruhe hinein donnert eine Harley heran, von der ein unglaublich dicker Mann mit einem ganz kleinen Helm herunterrollt. Dann baut er sich mitten auf der Strasse auf, zieht eine kleine Kamera aus der Kombi, geht auf ein sich eng vereinigendes Pärchen am Brunnen zu, streckt die Kamera hin, sagt wohl auch etwas. Das Mädchen wehrt unwillig ab. Der Koloss kommt auf mich zu. Gleiche Gestik, auch ich wehre ab. Wir sind die einzigen. Er dreht ab, vereinigt sich wieder mit seinem Gefährt und brüllt davon. Das Mädchen unterbricht die aktuelle Kusssequenz, guckt zu mir und hebt den linken Daumen. Wir sind zufrieden.
Wenig später fahre ich in Romainmôtier ein. Das Dorf liegt zwischen Hang und Bach, alles eng beieinander. Heute ist Fête de la Rose, Pflanzenverkaufstag mit regionalen Angeboten. Es fällt mir schwer, keine Konfitüre zu kaufen. Sündhafte 15 SF pro 250 gr, aber die wenigen Kostproben waren gigantisch: Heidelbeeren in Kokosmilch mit etwas Rum. Keine Ahnung, wann man das isst, frühstücksmäßig ist die Westschweiz ganz französisch, Entwicklungsland.
Ich trinke noch ein bitteres, unfiltriertes Landbier und entweiche zur Klosterkirche. Über das grßartige Payerne und Romainmôtier findet man alles in den Kunstgeschichten. Der Tourismus hält sich Grenzen, zu sehr dominiert die Architektur. Es verbleibt eine einzigartige Atmosphäre der Ruhe eines Kraftortes.
Eine gute halbe Stunde später, es geht auf vier zu, steige ich beim Château Rolle am Genfer See von der Maschine. Gerne hätte ich auch das bei Montreux liegende Chillon besucht, liegt abeer in der verkehrten Richtung. So ist leider auch St. Pierre de Clages gefallen, Pater Dietrich möge mir verzeihen. Zum Trost lecke ich jetzt ein Cassis-Eis und wandle um das ehemalige Wasserschloss mit seinen vier dicken Türmen herum. Dahinter lärmt das Publikum eines kleinen Wanderzirkus’.
An der Straße nach Genf häufen sich Weingüter und Schlösser mit Bauten aus dem 19. Jahrhundert. Für die Durchfahrt von Genf brauche über zwei Stunden, mit Regenpausen und Suche nach Kathedrale und Jakobsmuschel am Haus 21 am Platz ...
Auch die Ausfahrt nach Frangy/Haute Savoie ist nicht leicht zu finden. Und so komme ich nach zehn dort an, ich bekomme ein Bett im Hotel Moderne, nach der Schinderei, meine Sachen in den zweiten Stock zu tragen, ein Bier und ein Gläschen Côte du Rhône. Drei Männer stehen an der Theke. Zwei Langzeitarbeitslose und ein Glockentriebwerksmechaniker, ein Korse, der viel herumkommt zu den Kirchen, der Gegend und im Auftrag des Staates die Werke wartet. Er ist strenger Atheist, redet aber fromm drum herum und berichtet, dass viele Leute die Ziviltaufe (baptème civil) der kirchlichen Taufe vorziehen. Das ist viel billiger, geht schneller und das ganze Brimborium entfällt, mit Wasser und so. Ein anderer, der durch Gewitztheit das größte moderne Haus in Frangy besitzt, muss ein genialer Schnorrer sein, er liebt die religiösen Feste wegen ihrer sozialen Bedeutung und weil man da wieder mal alle trifft, die das eigene Leben begleiten. Der dritte, viel zu schwer, leidet an massiven Hüftbeschwerden. Statt mit dem Fasten sofort zu beginnen, stopft er sich mit der Anti-Stress-Schokolade des Wirts voll. Ich bringe noch den Rest meiner Bricelets aus Gruyère herunter, die ihm auch gut schmecken. Er ist „massvoll“ (modéré) religiös und meint, die richtigen Probleme sollen die Frauen lösen. Die müssen das Festessen kochen und alles organisieren an Ostern und Pfingschden und am 15. August die Kühltaschen für das PiqueNique richten. Und wenn’s nicht klappt, dann kriegen sie eine Maulschelle. Das hält wieder eine Weile. Der Wirt, der einen eigenen Stempeldienst für den Jakobsweg betreibt, würde die beiden Arbeitslosen gerne für kleine Hilfsdienste einspannen. Geht aber nicht, weil sie sich dann finanziell schlechter stellen als ohne Arbeit. Auch die Sozialversorgung leidet unter ähnlichen Symptomen. Alle wissen darum, aber wenn der Staat den Übeln abhelfen will, dann geht alles auf die Straße, um im bekannten Unglück zu verbleiben. Der Glockenmann sagt, früher hätte man den Kram nicht gebraucht, man ging ins Spital und wurde gegen Naturalien versorgt. Das gemeinte Spital lag am Jakobsweg und wurde ehrenamtlich betrieben!
Mein Wein wird von den Männern übernommen, der Wirt möchte, dass ich noch einen Roussette de Frangy probiere, einen Wein, den ich mir recht gut zu Fisch vorstellen kann, nicht aber als autonomes Getränk.
Der schlechten Optik, den Gerüchen und meinen Ängsten um die Verdoppelung meines Mopeds zum Trotz war es eine erholsame Nacht. Das Frühstück habe ich bei der Bäckerei gegenüber bekommen und schlussendlich gab es einen Internetladen um die Ecke. Entlastet von diesen Notwendigkeiten, alles packfertig im Zimmer, habe ich mir dann die Klosterkirche ausführlich angeschaut. Das Mädel von gestern Abend empfängt mich mit strahlenden Augen,
was sie aber nicht hindert, mir beim Eintritt in die „Expo“ (Bilder einer Malerin ohne Arme) streng nach Vorschrift den Fotoapparat abzunehmen.
Aufbruch um die Mittagszeit. Das Wetter ist wechselhaft, kräftige Böen aus allen Richtungen. Um voranzukommen nehme ich zunächst die Autobahn nach Lausanne. Jenseits von 90 KMH ist mir mulmig, nur in den Tunneln kann ich entspannen.
Eine kleine Pause in dem lieblichen Burgstädtchen Orbe. Eine Gruppe grün-bebluster Schulkinder besteigt den Brunnen, weil sie das dort vorhandene Trinkwasser kosten müssen. In die anschließende Ruhe hinein donnert eine Harley heran, von der ein unglaublich dicker Mann mit einem ganz kleinen Helm herunterrollt. Dann baut er sich mitten auf der Strasse auf, zieht eine kleine Kamera aus der Kombi, geht auf ein sich eng vereinigendes Pärchen am Brunnen zu, streckt die Kamera hin, sagt wohl auch etwas. Das Mädchen wehrt unwillig ab. Der Koloss kommt auf mich zu. Gleiche Gestik, auch ich wehre ab. Wir sind die einzigen. Er dreht ab, vereinigt sich wieder mit seinem Gefährt und brüllt davon. Das Mädchen unterbricht die aktuelle Kusssequenz, guckt zu mir und hebt den linken Daumen. Wir sind zufrieden.
Wenig später fahre ich in Romainmôtier ein. Das Dorf liegt zwischen Hang und Bach, alles eng beieinander. Heute ist Fête de la Rose, Pflanzenverkaufstag mit regionalen Angeboten. Es fällt mir schwer, keine Konfitüre zu kaufen. Sündhafte 15 SF pro 250 gr, aber die wenigen Kostproben waren gigantisch: Heidelbeeren in Kokosmilch mit etwas Rum. Keine Ahnung, wann man das isst, frühstücksmäßig ist die Westschweiz ganz französisch, Entwicklungsland.
Ich trinke noch ein bitteres, unfiltriertes Landbier und entweiche zur Klosterkirche. Über das grßartige Payerne und Romainmôtier findet man alles in den Kunstgeschichten. Der Tourismus hält sich Grenzen, zu sehr dominiert die Architektur. Es verbleibt eine einzigartige Atmosphäre der Ruhe eines Kraftortes.
Eine gute halbe Stunde später, es geht auf vier zu, steige ich beim Château Rolle am Genfer See von der Maschine. Gerne hätte ich auch das bei Montreux liegende Chillon besucht, liegt abeer in der verkehrten Richtung. So ist leider auch St. Pierre de Clages gefallen, Pater Dietrich möge mir verzeihen. Zum Trost lecke ich jetzt ein Cassis-Eis und wandle um das ehemalige Wasserschloss mit seinen vier dicken Türmen herum. Dahinter lärmt das Publikum eines kleinen Wanderzirkus’.
An der Straße nach Genf häufen sich Weingüter und Schlösser mit Bauten aus dem 19. Jahrhundert. Für die Durchfahrt von Genf brauche über zwei Stunden, mit Regenpausen und Suche nach Kathedrale und Jakobsmuschel am Haus 21 am Platz ...
Auch die Ausfahrt nach Frangy/Haute Savoie ist nicht leicht zu finden. Und so komme ich nach zehn dort an, ich bekomme ein Bett im Hotel Moderne, nach der Schinderei, meine Sachen in den zweiten Stock zu tragen, ein Bier und ein Gläschen Côte du Rhône. Drei Männer stehen an der Theke. Zwei Langzeitarbeitslose und ein Glockentriebwerksmechaniker, ein Korse, der viel herumkommt zu den Kirchen, der Gegend und im Auftrag des Staates die Werke wartet. Er ist strenger Atheist, redet aber fromm drum herum und berichtet, dass viele Leute die Ziviltaufe (baptème civil) der kirchlichen Taufe vorziehen. Das ist viel billiger, geht schneller und das ganze Brimborium entfällt, mit Wasser und so. Ein anderer, der durch Gewitztheit das größte moderne Haus in Frangy besitzt, muss ein genialer Schnorrer sein, er liebt die religiösen Feste wegen ihrer sozialen Bedeutung und weil man da wieder mal alle trifft, die das eigene Leben begleiten. Der dritte, viel zu schwer, leidet an massiven Hüftbeschwerden. Statt mit dem Fasten sofort zu beginnen, stopft er sich mit der Anti-Stress-Schokolade des Wirts voll. Ich bringe noch den Rest meiner Bricelets aus Gruyère herunter, die ihm auch gut schmecken. Er ist „massvoll“ (modéré) religiös und meint, die richtigen Probleme sollen die Frauen lösen. Die müssen das Festessen kochen und alles organisieren an Ostern und Pfingschden und am 15. August die Kühltaschen für das PiqueNique richten. Und wenn’s nicht klappt, dann kriegen sie eine Maulschelle. Das hält wieder eine Weile. Der Wirt, der einen eigenen Stempeldienst für den Jakobsweg betreibt, würde die beiden Arbeitslosen gerne für kleine Hilfsdienste einspannen. Geht aber nicht, weil sie sich dann finanziell schlechter stellen als ohne Arbeit. Auch die Sozialversorgung leidet unter ähnlichen Symptomen. Alle wissen darum, aber wenn der Staat den Übeln abhelfen will, dann geht alles auf die Straße, um im bekannten Unglück zu verbleiben. Der Glockenmann sagt, früher hätte man den Kram nicht gebraucht, man ging ins Spital und wurde gegen Naturalien versorgt. Das gemeinte Spital lag am Jakobsweg und wurde ehrenamtlich betrieben!
Mein Wein wird von den Männern übernommen, der Wirt möchte, dass ich noch einen Roussette de Frangy probiere, einen Wein, den ich mir recht gut zu Fisch vorstellen kann, nicht aber als autonomes Getränk.
Montag, 8. Juni 2009
Oberfrust
Hallo, Ihr Lieben,
ICH STEHE AN EINEM INTERNETPORT AGIP, BEI LYON.
DAS DING MACHT ALLES, ABER ICH KANN KEINE TEXTE UND BILDER VOM STICK IN DEN BLOG KOPIEREN. DIESE FUNKTION IST UNTERDRUECKT
WENN MAN KLEINBUCHSTQBEN SCHREIBEN WILL, MUSS MAN STAENDIG DIE ALT TASTE DRUECKEN.
ICH PROBIERE ES SPAETEER WIEDER.
ICH STEHE AN EINEM INTERNETPORT AGIP, BEI LYON.
DAS DING MACHT ALLES, ABER ICH KANN KEINE TEXTE UND BILDER VOM STICK IN DEN BLOG KOPIEREN. DIESE FUNKTION IST UNTERDRUECKT
WENN MAN KLEINBUCHSTQBEN SCHREIBEN WILL, MUSS MAN STAENDIG DIE ALT TASTE DRUECKEN.
ICH PROBIERE ES SPAETEER WIEDER.
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