Freitag, 19. Juni 2009

Von Sénergues nach Rocamadour nach Cahors

achtzehn – sechs


Der Tag endete mit der größtmöglichen Überraschung: Im Gîte des Jacobins in Cahors sitze ich mit einem Steirer (65) beim Abendessen. Ein zäher Raucher, ehemaliger Telekompostler, der trotz Kehlkopftotaloperation weiterraucht. Ich zeige ihm, wie er den Bildkatalog seiner neuen Kamera aufrufen kann und blättere einige Bilder zur Demo zurück. Und da taucht unter den Bildern Stephanie vom vergangenen Freitag in Golinhac auf. Er wird sich mit ihr und Suzan in einer halben Stunde treffen. Dann heißt auch er Dieter. Wir sind nur noch am Staunen. Gewiss haben die Wahrscheinlichkeiten andere Eigenschaften, aber es kommt wirklich heftig. Wiederum haben sich andere kleine zeitweilige Wandergemeinschaften gebildet und dabei besondere Leute gesichtet. Wie z. B. den Fußlahmen, der fröhlich mit einer Sandale am rechten extrem geschwollenen Fuß daherkommt, den anderen Wanderschuh außen am Rucksack baumeln lässt, als Symbol der jederzeitigen Einholbarkeit, wenn er nur je wieder passen sollte. Und Dieter aus Graz mit seiner Konstruktion aus Hebergürtel und Fahrradanhänger.
Im Café de la Comedie haben wir uns lange und viel zu erzählen. Wir kommen aus dem Staunen über unsere Beobachtungen nicht heraus, immer neue Seltsamkeiten stellen sich heraus. Keiner hat Lust, diese Dinge mit dem Zufall zu verstehen. Z. B. müssen auch die Zeitfenster zusammenpassen. Was bringts, wenn man zu unterschiedlichen, falschen Zeiten am richtigen Ort ist?

Statt um zwölf wie vorgehabt, bin ich schon um halbelf auf der Straße, weil Bénoit nicht da ist und deshalb der Internetraum nicht zur Verfügung steht.
Ich komme gut voran, mache eine kleine Pause in der Bastide Rudelles (mit einer spaetgotischen Kirchenfestung. Bastiden sind ein militaergeschichtliches Sonderthema im suedfranzoesischen Raum)und bin kurz nach eins wieder voll betankt in Rocamadour. Ich stelle das Moped auf einem öffentlichen Parkplatz ab und steige die endlosen Treppen hinauf. Die warme Motorradbekleidung und die schwüle Luft treiben den Schweiß aus mir heraus. Aber meine Bitte kann ich der geheimnisvollen Gestalt doch vortragen. Schon während der Fahrt habe ich mir überlegt, wie ich einer zweitausend Jahre alten Gottesmutter mein Anliegen klar machen kann. Und warum ich und nicht die Mutter selbst. Wie fange ich an? Sie ist ja nie formell heilig gesprochen worden, sie ist es wohl einfach. Sie wird wissen, was ich meine! Hoffe ich! Auch an Heidi ist zu denken, die frisch operiert im Krankenhaus liegt und ein schweres Päckchen zu tragen hat.
Auf dem Weg nach Cahors erreiche ich Edith.
Der neue gîte, in dem ich wohnen will, ist im Office de tourisme gut bekannt. Ein tiefes décolleté meldet mich bei Mélaine, einer gebuertigen Koreanerin und Pierre André samt Soehnchen Louka an. Halbpension und so.
Und dann erscheint Dieter auf der Plattform: s.o.

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